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Todesdatum: | 11.10.1301 |
Biographie: | Regierte vom 4. Dezember 1281 bis zu seinem Tode, am 11. Oktober 1301.
Auf Rumo folgte, wie wir sahen, durch Abmachung und mit Zustimmung der Konventualen am 4. Dezember 1281 Wilhelm, Graf von Monfort. Er fehlt in St.Galler Urkunden vor der Wahl. In einer Urkunde vom 13. April 1276 heisst es wohl: «Dis beschah ze Sant (Gallen) in dis graven Willehelmis hus von Montfort»; doch ist er hier nicht als Mönch bezeichnet und überdies erscheint er z. B. 1279 in jener Urkunde, in der der ganze Konvent aufgeführt wird, nicht , während sonst alle andern 1282 wieder erscheinen. Es bleibt darum mindestens fraglich, ob er 1276 gemeint ist. Sein Vater war Graf Hugo II. von Montfort, die Mutter war eine Schwester des Markgrafen Heinrichs von Burgau. Von seinen Brüdern wandten sich noch zwei dem geistlichen Stande zu: Friedrich, der von 1282 bis 1290 Bischof von Chur war (s. u.), und Heinrich, der als Dompropst von Chur 1307 starb. Drei Brüder waren weltlichen Standes: Rudolf II. von Montfort-Feldkirch, Ulrich zu Bregenz und Sigmaringen und Hugo, der Stifter der Tettnanger Linie.
Friedrich von Montfort, 1281 noch Dompropst in Chur, legte, wie wir hörten, vor allem Abt Rumo den Gedanken an eine Resignation nahe und sorgte für die Wahl seines Bruders Wilhelm. Er selber wurde schon Ende 1282 Bischof von Chur und sollte als solcher in der Geschichte Wilhelms eine wichtige Rolle spielen. Alle Brüder erscheinen in der Abmachung mit Rumo vom 15. Januar 1282. Zwei Tage nachdem Rumos Rücktritt in Konstanz erfolgt war, kam Wilhelm (am 6. Dezember) nach St.Gallen und «ward schon empfangen». Gleich begann Wilhelm mit seinen Massregeln, um das Klostergut zusammenzuhalten und zu vermehren. Bis in sein drittes Regierungsjahr hinein lassen sich die diesbezüglichen Bestrebungen verfolgen.
Im Dezember 1282 suchte der Abt König Rudolf in Augsburg auf und erhielt die Regalien. Obwohl der König ihn einlud, mit ihm Weihnachten zu feiern, fuhr der Abt doch vorher wieder heim; denn seine Verwandten, besonders auch Markgraf Heinrich von Burgau rieten ihm dazu. Sie machten ihn aufmerksam, dass König Rudolf sicher versuchen werde, von ihm st.gallische Lehen zu erzwingen. Rudolf empfand die Abreise Wilhelms sehr schwer. – Mit dem Klostervogt von Ramswag verstand sich Wilhelm aus Familieninteressen gut. Meist lebte Wilhelm in der Burg im Martinstobel, Rappenstein, um so möglichst sparen zu können. Er zog auch nach Dijon und Verona, wie der Chronist sagt, um zu sparen (?); über Zweck und Zeit der Reise fehlen indessen nähere Aufschlüsse. Gegen die Konventualen war er strenge, gab ihnen keine Pfründen und verlangte, dass sie sich weihen liessen. Deshalb griff unter diesen grosse Unzufriedenheit um sich und ihrer drei, der Pförtner Heinrich von Ramstein, Hiltpolt von Werstein und Propst Heinrich von Lupfen verklagten deshalb den Abt bei König Rudolf. Wohl auf die Kunde von diesen Vorgängen hin, musste Wilhelm im Frühjahr 1287 von Verona zurückkehren. König Rudolf erwirkte nun von dem damals bei ihm weilenden päpstlichen Legaten, Kardinal Johannes von Tusculum, die Aufstellung eines Richters in dieser Angelegenheit. Abt Volker von Wettingen wurde damit betraut, der zuerst in Zürich, dann in Diessenhofen sich mit der Sache befasste. Das Ende war, dass Wilhelm mit dem Banne belegt wurde. Er zog sich darum nach Wil zurück. Hier kam es am 1. August 1282 zu einem Zwischenfall, der schwerste Folgen hatte. Den Wiler Bürgern gehörendes Vieh war von den habsburgischen Schwarzenbachern weggetrieben worden. Als der Abt dies hörte, machte er sich kurzerhand mit einer Schar auf, überfiel Schwarzenbach und brannte es nieder. Vier Tage später rückten die Habsburger vor Wil und setzten zu einem ersten Sturme an, der anfangs September, als Graf Friedrich II. von Toggenburg und Hartmann der Ältere von Baldegg u. a. den Habsburgern zugezogen waren, sich wiederholte. Doch kam es am 6. September 1287 zu einer Übereinkunft, wonach ein Schiedsgericht entscheiden sollte. Zu diesem Zwecke sollte sich Wilhelm an den Königshof begeben; er tat es und suchte Rudolf, der eben auf einem Zuge in Schwaben weilte, im Lager vor Herwartstein auf. Die Aufnahme, die der Abt beim Herrscher fand, war zunächst eine freundliche. Es kam zu Verhandlungen, bei denen der Vogt von Ramswag – dem Rudolf am 5. November 1287 die Reichsvogtei über St.Gallen verpfändete – den König zu bestimmen wusste, dass er auf der Herausgabe der Feste Iberg bestehe, als Schadenersatz für die Niederbrennung von Schwarzenbach. Dazu war aber Wilhelm nicht zu bewegen, und so verliess er den Königshof, ohne dass eine Aussöhnung zustande gekommen wäre. Mit den Söhnen des Königs, den Herzogen Rudolf und Albrecht, kam es am 7. Oktober 1287 doch zu einer gewissen Verständigung. Die Beiden sahen dem Abt allen in Schwarzenbach angerichteten Schaden (Todschlag ausgenommen) nach, und der Abt verlieh ihnen gleichen Tags alle durch den Tod Rudolfs von Rapperswil ledig gewordenen Lehen. Später, am 22. Dezember 1287, gab er den Beiden auch noch alles zu Lehen, was er, seine Bürger und Gotteshausleute in Schwarzenbach besassen.
Da mit dem Könige selbst keine Aussöhnung zustande gekommen war, erwartete Wilhelm nichts Gutes. Er rüstete zur Abwehr gegen Rudolf, wobei ihm seine Brüder und Heinrich von Griessenberg, ein Schwiegersohn Rudolfs von Montfort, halfen. Besonders aber setzte Bischof Friedrich von Chur den Königlichen in der Bündt bereits hart zu.
Da erging (um die Wende von 1287 auf 1288) das Urteil in dem durch den päpstlichen Legaten eingeleiteten Prozess. Wilhelm, bereits früher gebannt, wurde der Abtei für verlustig erklärt. Er musste St.Gallen verlassen, wo der vom König bestellte Abt, Konrad von Gundelfingen, einzog (s. u.). Wilhelm erscheint den 19. März 1288 zum letzten Mal in St.Gallen. Er siedelte nach Wil über, wo er sich am 22. September 1288 erstmals nachweisen lässt. Als König Rudolf im Oktober nach Sankt Gallen zog, um Konrad dort einzuführen, was zwischen dem 10. und 15. Oktober geschah, suchte er auch Wil zu nehmen, was ihm aber nicht gelang. Doch fühlte sich Wilhelm daselbst nicht mehr sicher und zog zunächst auf die Alt-Toggenburg. Die Wiler gingen alsdann zum König über. Für Wilhelm griff sein Bruder Friedrich nun wieder kräftig ein. Er zog gegen die Werdenberger und Schellenberger, ward aber geschlagen und zugleich mit Heinrich von Griessenberg gefangen genommen. Auf der Feste Werdenberg ward der Bischof nun in sicherm Gewahrsam gehalten. Da wollte er mit Hilfe von selbstgefertigten Stricken entfliehen, fiel aber dabei vom Turm herunter und starb am 3. Juni 1290. So verlor Wilhelm seine beste Stütze. Die Feinde hatten unterdessen die Feste Appenzell genommen, die Wilhelm dem Heinrich von Sigberg übergeben hatte; ebenso fiel ihnen Wildberg (zwischen Lütisburg und Jonschwil) in die Hände, und Ende Februar 1290 rückten sie vor die Iberg. Konrad von Gundelfingen suchte indessen Wilhelm zu überreden, gegen hohe Entschädigung auf die Abtei zu verzichten. Als dieser nicht darauf einging, suchte man seine Umgebung durch Versprechungen (sie von Acht und Bann zu lösen) und durch Geldspenden dem Abte abtrünnig zu machen; dies gelang. Wilhelm musste des nachts, nur von Heinrich von Güttingen, seinem Kammerdiener und einem Knecht begleitet, nach Auen bei Griessenberg entfliehen. Die Alt-Toggenburg aber ging an die Königlichen über. Als König Rudolf um diese Zeit nach Konstanz kam, musste Wilhelm weiterfliehen. Er kam (noch vor dem 30. März 1290) nach Bregenz «uf die burg». Aber auch da war seines Bleibens nicht. Anfangs 1291 zog er auf die Burg Aspermont, die seinem Bruder Heinrich, dem Churer Dompropst gehörte.
Unterdessen starb König Rudolf am 15. Juli 1291. Abt Wilhelm suchte die neue Situation sogleich auszunützen. Er begann Verhandlungen mit den Bürgern von St.Gallen, denen das Regiment des Klostervogtes von Ramswag vor allem verhasst war. So kam es, dass der Gegenabt samt dem Vogt abziehen mussten und Wilhelm schon am 25. Juli wieder nach St.Gallen kam. Bereits am 31. Juli stellte er den Bürgern, zum Dank für ihre Mithilfe, eine Handveste über ihr altes Recht aus.
König Rudolfs Tod löste weitherum Streitigkeiten aus. Überall erhoben sich die Gegner der Habsburger. In der Ostschweiz und in Schwaben standen gegen seinen Sohn Albrecht Bischof Rudolf II. von Konstanz , Abt Wilhelm und seine Brüder, Graf Mangold von Nellenburg, ebenso Zürich und Konstanz, während die Werdenberger und ganz Rhätien zu Rudolfs Erben hielten. Es begann allenthalben ein wüster Krieg, während welchem u. a. die Werdenberger mit ihrem Anhang am 11. November 1291 das Appenzellerland arg verwüsteten. Auch gegen Wil zog damals (vor dem 25. Dezember 1291) der Gegenabt Konrad von Gundelfingen, der sich in Schwarzenbach aufhielt. Die von Ramswag wollten gegen St.Gallen, erlitten aber bei Reidernholz eine Niederlage (25. Februar 1292). Am 5. Mai erhielt das Reich in Adolf von Nassau einen neuen König. Herzog Albrecht zog indessen gegen seine Feinde in Schwaben, belagerte Zürich, brach die Nellenburg und ging dann vor das Städtchen Wil, in welchem Abt Wilhelm, sein Bruder, Propst Heinrich, u. a. lagen. Die Stadt musste vor Mitte 1292 kapitulieren. Der Abt konnte frei abziehen, während Wil durch den Herzog dem von Walsee und Ulrich von Klingenberg übergeben wurde. Bald darauf wurde jedoch das Städtchen durch Ministeriale des Abtes angezündet. Die meisten Bürger zogen nun aus und liessen sich in Schwarzenbach nieder.
Der neue König sandte gegen Ende 1292 den Marschall Hildebrand von Pappenheim an seiner Statt, da er die Reichsvogtei über St.Gallen für sich beanspruchte, um den Vogteid entgegenzunehmen. Dies geschah und allmählich kehrte Ruhe zurück, ohne dass es indessen zwischen dem Abt und Herzog Albrecht – der sich im Dezember 1292 mit König Adolf aussöhnte – zu einem allgemeinen Frieden gekommen wäre. Da verfügte der Herzog, der schwer krank in Wien lag, am 11. November 1295 die Rückgabe von Schwarzenbach an St.Gallen und lud den Abt ein, zu ihm nach Wien zu kommen, um sich mit ihm zu vergleichen. Mitte Juni 1296 machte sich Wilhelm auf den Weg, fand aber den Herzog bereits nicht mehr in Wien; dieser belagerte eben Radstadt im Salzburgischen. Wilhelm zog darum dem Herzog nach und fand ihn in Admont in Steiermark. Doch der Herzog, der offenbar einer Verständigung nicht mehr besonders geneigt war, erklärte, er hätte jetzt keine Zeit zu Verhandlungen. So zog Wilhelm wieder von dannen und kehrte über Salzburg und Augsburg heim. Diese Enttäuschung bewog ihn wohl, sich wieder enger an König Adolf anzulehnen, der mit dem Habsburger mehr oder weniger immer in einem gespannten Verhältnis stand. König Adolf stand damals (Herbst 1297) mit dem König von England verbündet im Kampfe gegen Frankreich. Der Abt führte ihm 20 Pferde zu und erhielt darum vom König 500 Mark Silber zugesichert (1. September 1297) , die später auf 1000 Mark erhöht wurden (12. Dezember 1297, resp. 9. Juni 1298). Bis zu deren Bezahlung sollte der Abt die Vogteieinkünfte als Pfand haben. Gegen Ende Herbst kam Wilhelm mit vielen Edeln aus Schwaben nach Frankfurt, wo man fünf Wochen lang auf den König warten musste; dann ging es anfangs November nach Mainz, wo der König alle entliess, denn es war indessen zu einem Frieden gekommen.
Bald kam es aber zum Bruch zwischen Adolf und Herzog Albrecht. Wieder ward Wilhelm vom König aufgeboten und führte ihm 20 Rosse zu. Er stiess im April 1298 zum Heerlager im Kinzigthal. Bei Kenzingen lagen sich die beiden Heere gegenüber, ohne dass es zu einem Kampfe kam. Als Albrecht dann gegen Strassburg zog, folgte Wilhelm dem König vor das Städtchen Rufach im Oberelsass (29. Mai bis 11. Juni 1298). Dann zog Adolf rheinabwärts gegen Speier und Worms. Am 30. Juni 1298 verpfändete Adolf dem Abte für eine Schuld von 300 Mark auch noch das alte Vogtgericht und die Vogtrechte über Kloster und Stadt St.Gallen, die am 1. September 1297 noch ausgenommen worden waren, ebenso die Vogtrechte über die Städte Wangen und Altstätten, über alle Leute und Güter des Klosters samt allen daherigen Einkünften. Ja als der König – vier Tage vor seinem Tode – beim Abte als Gast speiste, versicherte er diesem, wenn Gott ihm den Sieg gebe, wolle er St.Gallen um 40'000 Mark bessern. Am 2. Juli 1298 fiel aber bei Göllheim die entscheidende Schlacht, in der Adolf Krone und Leben einbüsste. Abt Wilhelm floh nach Worms, fand aber dort keine gute Aufnahme; seine Leute waren alle gefangen genommen, ihre Pferde erstochen worden. Am Tag nach der Schlacht verfügte sich Wilhelm zu Herzog Albrecht ins Lager zu Alzei. Dort traf er viele Verwandte an, die ihm halfen seine Leute frei zu bekommen. Alsdann zog er, ärmer als er gekommen war, heim «und must do vast sparen und stelen (d.h. darnach trachten), wie er sin dienern vergult». Um Geld zu erhalten, musste er weitere Veräusserungen und Verpfändungen vornehmen. Auch baute er die Burg bei Appenzell wieder auf, woselbst er zwei Jahre blieb.
Unterdessen wurde Albrecht am 27. Juli 1298 zum Könige gewählt. Durch Vermittlung des Konstanzer Bischofs, Heinrich von Klingenberg, und seines Bruders, Propst Heinrich von Chur, suchte sich Wilhelm mit dem neuen Herrscher zu verständigen. Am 16. Oktober 1301 kam endlich eine Übereinkunft zustande, wonach Schwarzenbach niedergelegt und Wil wieder aufgebaut werden sollte; nur der Streit wegen Ittingen blieb unentschieden. Auch die Burgen Altstätten und Falkenstein gewann der Abt wieder dem Gotteshause.
Erwähnenswert ist auch, dass Papst Bonifaz VIII. am 15. Juli 1297 den Abt beauftragte, die Streitigkeiten zwischen dem Provinzial der Minderbrüder der oberdeutschen Provinz und den Brüdern und Schwestern von der Busse des hl. Franziskus in Bern einerseits und dem Bruder Trutmann des Deutschordens, Leutpriester in Bern, anderseits endgültig zu entscheiden.
Unter die lange Regierung Wilhelms fallen zahlreiche Geschäfte, Veräusserungen, Tausch, Verlehnungen usw. von Gütern. Eines der wichtigsten dieser Geschäfte war die Veräusserung des Dinghofes in Kirchzarten (Baden) samt Patronatsrecht um 125 Mark an Gotbold von Blumenberg, Kommendator des Johanniterhauses in Freiburg. Urkundlich erscheint Abt Wilhelm erstmals am 15. Januar 1282 , zum letzten Mal am 16. Oktober 1301.
Eine kurze, rasche Krankheit raffte Abt Wilhelm, unversehen mit den hl. Sterbesakramenten, am 11. Oktober 1301 dahin. «Got waiss aber wol, was er tun wolt,» fügt der Chronist bei. Tags darauf wurde seine Leiche in der sogen. dunkeln Kapelle «vor unser Vrowen bild» begraben. Wilhelm hatte 20 Jahre weniger 7 Wochen regiert. |
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