von Bussnang, Konrad (-20.12.1239) (Personen\St.Gallen, Äbte)

 

Grunddaten

ThesaurusPersonen
Bezeichnungvon Bussnang, Konrad
Beschreibung
QuelleRudolf HENGGELER, Professbuch der fürstlichen Benediktinerabtei der Heiligen Gallus und Otmar zu St.Gallen, Zug 1930 (Monasticon-Benedictinum Helvetiae 1).
 

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Todesdatum:20.12.1239
Biographie:Regierte vom 9. Oktober 1226 bis zu seinem Tode, am 20. Dezember 1239.

Am 24. Mai 1226 hatte Honorius III. – wie wir gesehen – den St.Galler Konvent aufgefordert, nach Ablauf der Abt Rudolf gewährten Frist, eine Neuwahl zu treffen. Aber noch bevor diese Frist abgelaufen war, trat Rudolfs Tod ein. Die Nachricht davon traf drei Wochen später in St.Gallen ein und sogleich schritten die Mönche zur Wahl, um Eingriffe Unberufener, vor allem der Ministerialen, zu verhindern. Am 9. Oktober 1226 wird Konrad von Bussnang gewählt. Dieser gehörte dem im Thurgau ansässigen Freiherrengeschlecht von Bussnang an. Ein Albertus de Bussnang cum filio suo Alberto erscheint 1209 in einer St.Galler Urkunde als Zeuge. Meyer hält diesen Sohn Albert für den Vater Konrads, dessen beide (später genannte) Brüder, Albert von Bussnang und Heinrich von Griessenberg, die Stammväter des in zwei Linien sich zweigenden Hauses wurden.

Konrad erscheint vor seiner Wahl1221 und 1222 als Propst. Als solcher hatte er sein Amt zu aller Zufriedenheit versehen, weshalb die Brüder ihn als einen guten Haushalter zum Abte erkoren. Conrad de Fabaria schildert ihn uns als: «etate quidem juvenis, maturus astucia, ingenio callens, forma conspicûûs, statura, que nec longa dici possit nec brevis, hilari voltu, intermixta tamen ruboris forma rigoris ad se quandam habens prenosticam, oculi roscidi formitatem et constanciam signantes viri, dira vox, in blandiendo risibilis, in exasperacione terribilis, sic tamen variabilis, ut dulcedinem dilectis, amaritudinem suspectis intermisceat» (c. 21).

Die Wahl ging – wie bemerkt – sehr rasch und in aller Heimlichkeit vor sich. Die Ministerialen darob erbost, suchten mit Waffengewalt dagegen aufzutreten, aber vergebens. Konrad erwies sich von Anfang an als der Lage gewachsen. Anfangs November 1226 suchte er den in Überlingen durchziehenden Sohn und Stellvertreter Friedrich II., König Heinrich (VII.), auf, der ihm die Regalien verlieh. Der Zumutung des Königs, Hartmann d. Ae. von Kyburg die Vogtei über die Güter im Thurgau zu überlassen, widerstand Konrad standhaft. Es gelang ihm überhaupt, die ganze Vogtei, die nach Ottos IV. Tod (1218) ledig geworden war, gegen Erlegung einer Summe als Pfand vom Reiche in seine Hände zu bekommen. Um die drückenden Schulden loszubekommen – vorab handelte es sich um jene 1400 Mark Silber, die sein Vorgänger in Italien aufgenommen und die nun eingefordert wurden – berief er Mitbrüder, Ministerialen und Bauern vor sich, schilderte ihnen die Notlage des Gotteshauses und hat um dringende Hilfe. Diese wurde ihm gewährt und so konnte er zunächst infolge eines getroffenen Übereinkommens (vom 25. Mai 1230) mit 500 Mark in Italien 1200 Mark tilgen. Damit gestaltete sich auch die finanzielle Lage des Gotteshauses erträglicher.

Durch sein geschicktes Eingreifen in die Wirren im Toggenburger Grafenhause war es übrigens Konrad schon bald nach seiner Wahl gelungen, dem Kloster neuen, wichtigen Besitz zuzuführen. Am 12. Dezember 1226 hatte Diethelm (V.) von Toggenburg seinen Bruder Friedrich grausam ermorden lassen. Der Abt holte den Leichnam des Ermordeten und bestattete ihn ehrenvoll in St.Gallen. Die tiefbetrübten Eltern und Angehörigen schenkten dafür und zum Seelenheil des dem Leben so jäh Entrissenen dem Kloster das Städtchen Wil und die Stammburg Alt-Toggenburg. Der Mörder aber anerkannte die Schenkung nicht und so entspann sich in der Folge ein schlimmer Krieg mit St.Gallen. Schon in der ersten Hälfte 1227 und wiederum 1232 (s. u.) kam es zu blutigen Zusammenstössen, wobei der Abt besonders an seinen Brüdern kräftige Hilfe fand.

Immer mehr wurde Konrad, gleich seinen Vorgängern, in die Reichspolitik hineingezogen. Wir finden ihn erstmals am 1. November 1227 in der Umgebung Heinrichs in Zürich. Im August 1228 ist er wieder in Ulm und Esslingen beim Hofe. Als mit Bischof Heinrich von Eichstädt am 15. September 1228 einer der königlichen Räte starb, wurde Konrad an dessen Stelle berufen. Damals riet er wohl dem Könige, von der beabsichtigten Scheidung seiner Ehe mit Margaretha von Österreich ab, was ihm die besondere Gunst derselben sicherte. Dafür verfeindete er sich allerdings immer mehr mit Herzog Ludwig von Bayern, der Vormund und Pfleger des jungen Königs war. Konrad verschärfte wohl auch die Gegensätze, die zwischen Heinrich und Ludwig immer stärker zu Tage traten.

In Italien war es indessen zum Bruche zwischen Gregor IX. und Friedrich II. gekommen. Am 29. September 1227 wurde der Kaiser gebannt. Auch seinem Stellvertreter in Deutschland suchte Gregor Schwierigkeiten zu bereiten. Herzog Ludwig von Bayern hatte schon im Dezember 1228 mit König Heinrich gebrochen; an einem Zuge gegen denselben nahm Konrad im Juni und Juli 1229 teil. Jedenfalls war Konrad noch am Hofe, als der König dem Kloster St.Gallen am 18. August 1229 den Hof Kriessern im Rheintale schenkte. Sehr wahrscheinlich war er auch bei dem unmittelbar folgenden Zuge gegen Strassburg dabei; denn 1230 wird er als einer der hauptsächlichsten Friedensstifter zwischen dem König und dieser Stadt genannt. Am 23. Oktober 1230 finden wir Konrad wieder beim König in Überlingen. Seit August des folgenden Jahres ist Konrad beständig in der Umgebung Heinrichs. Im Januar 1231 finden wir Konrad in Worms. Um diese Zeit griff er auch in die Angelegenheit des Kardinallegaten Otto ein, der in Deutschland für die päpstliche Politik werben und zugleich Kirchenvisitationen vornehmen sollte. Dieser war schon um 1230 in Süddeutschland gewesen, war dann nach Norden gezogen und wollte nun eine Provinzialsynode in Mainz versammeln. Auf Konrads Anraten verhinderte Heinrich die Versammlung; ja Otto sah sich sogar gezwungen, vor der allgemeinen Erbitterung sich in Konrads Schutz zu begeben. Er geleitete den Legaten nach Regensburg, wo er von ihm das Recht der Pontifikalien erhielt. Während Otto nach Italien zog, ging Konrad auf den 29. April 1231 zum Reichstag nach Worms, auf dem jene für Deutschland so wichtigen Entschlüsse gefasst wurden, wonach die Fürstenmacht immer mehr gefördert, die der Städte aber immer stärker unterbunden wurde. Den ganzen Sommer 1231 über war Konrad wohl beim Hofe. Als Heinrich anfangs 1232 zu seinem Vater nach Italien beschieden wurde, mit dem er halb und halb zerfallen war, zog Konrad ebenfalls über die Alpen. Heinrich schickte ihn voraus, damit er den Vater günstig stimmen würde. Kaiser Friedrich nahm den Abt sehr ehrenvoll auf. Er konnte wohl eine gute Antwort dem Sohne bringen, dem er entgegenzog und mit dem er alsdann das kaiserliche Hoflager in Cividale aufsuchte. Mehrfach erscheint Konrad nun als Zeuge in kaiserlichen und königlichen Urkunden. Er gehörte auch zu den zwölf Reichsfürsten, die auf Bitte des Königs sich dem Kaiser als Bürgen für die Aufrichtigkeit der Versöhnung einsetzten und versprachen, falls der König wortbrüchig werde, dem Vater gegen den Sohn beistehen zu wollen.

Die Abwesenheit des Abtes in Italien benützte Diethelm V. von Toggenburg, um gegen die Abtei und die Brüder des Abtes den Kampf wieder aufzunehmen. Dies bewirkte, dass Konrad rasch über die Alpen zurückkehren musste. Mit kaiserlichen Vollmachten versehen, kam er heim und griff sogleich energisch ein. Es gelang ihm, den Frevler in die Enge zu treiben; zu einem dauernden Frieden kam es freilich noch nicht. Ende Juli 1232 finden wir Konrad wieder bei Heinrich VII. in Hagenau. Wahrscheinlich kam auf einem Hoftage zu Frankfurt anfangs August die Toggenburger Angelegenheit zur Sprache, über die die Erzbischöfe von Mainz und Trier u. a. Kundschaft einzuziehen hatten. Das Friedenswerk wurde aber unterbrochen durch eine Reise, die Konrad im Winter 1232/33 im Auftrage König Heinrichs zu Herzog Friedrich II. von Österreich, dessen Schwager, die wegen der Mitgift ihrer Gemahlinnen entzweit waren, unternehmen musste. Die gefährliche Reise – ging sie doch mitten durch bayerisches Gebiet – hatte vollen Erfolg, denn im Herbst zogen beide gemeinsam gegen den Bayernherzog Otto II.

Im Frühjahr 1233 finden wir Konrad wieder beim Könige, dann aber schweigen die Akten bis in den Januar 1234, wo Konrad wieder bis Ende Mai beim Könige ist. In der Zwischenzeit mag sich Konrad besonders mit der Toggenburger Angelegenheit befasst haben; denn im Herbst 1234 kam endlich ein Friede zustande 408), der den Abt im Besitze der strittigen Güter liess.

Seit Ende 1234 trat Heinrich (VII.) immer mehr gegen seinen Vater auf, der ihn schliesslich im Juli 1235 absetzte und bald darauf gefangen nach Italien sandte. An diesen Vorgängen hatte Konrad keinen Anteil, sonst hätte er sich nicht fernerhin der Gunst des Kaisers erfreut. Denn da Diethelm von Toggenburg die Friedensbedingungen nicht einhielt, worüber neue Zwistigkeiten entstanden, suchte der Abt im Februar 1236 den Kaiser in Hagenau auf, wo ihm zunächst durch das Hofgericht, dann durch den Kaiser selber die Bestätigung seiner Rechte ward (Februar/März 1236). Damit hatte der Streit wenigstens vorläufig ein Ende gefunden. Über eine Fehde in Churrätien, in die Konrad um diese Zeit eingriff, ist weiter nichts bekannt.

Konrad finden wir nur noch einmal am Hofe des Kaisers, im August 1236 in Brixen. Obwohl er so ein entschiedener Parteigänger Friedrichs war, erfreute er sich doch auch der Gunst des Papstes; denn Gregor IX. bestätigte ihm am 5. Mai 1234 die Besitzungen des Klosters sowie die früher von Päpsten erlangten Privilegien.

Für seine grossangelegte politische Tätigkeit brauchte Konrad allerdings grosse Summen. Durch kluge Verwaltung verstand es Konrad aber, das finanzielle Gleichgewicht zu erhalten, ja er konnte, wie Kuchimeister erzählt, sterbend noch, neben dem, was er seinen Mitbrüdern hinterliess, seinem Bruder Heinrich von Griessenberg an «varendem Gut» 1000 Mark geben, die dieser verteilen sollte. Das Festhalten an seinen Rechten führte den Abt freilich auch in Konflikt mit seinen Untergebenen, so mit den Bürgern von St.Gallen, mit den umliegenden Bauern, mit den Herren von Rorschach. Letztere wollten ihm, als er schon todkrank war, noch ans Leben und standen nur auf die Zusicherung des Arztes, dass er nicht mehr genesen würde, davon ab.

In seine Regierungszeit fallen die Urkunden W. III. 859-881; Appendix 19-20; W. IV., Ap. 29-41. Erwähnenswert ist die unter ihm und mit seiner Zustimmung erfolgte Gründung eines Spitals in St.Gallen (2. Sept. 1228). Ebenso bestätigte Abt Konrad eine andere Stiftung von St.Galler Bürgern zu Gunsten von frommen Frauen, aus deren Siedlung das spätere St. Katharinenkloster hervorgegangen ist. Zahlreich sind überhaupt die kirchlichen Verfügungen unseres Abtes. So bestimmte er, dass das durch Dekan Lütold vom Ritter Rudolf von Hagenwil erworbene Meieramt Muolen stets mit dem Kelleramt in Sankt Gallen verbunden sein sollte und aus den Einkünften eine Jahrzeit für den Vater des Ritters, wie für den eigenen und sich selbst gehalten werden solle. Ferner sorgte er für die Ausstattung der St.Oswaldskapelle, die am kleinern Münsterturm angebaut war, wie auch für den daran angestellten Priester (25. Mai 1227). Im Klösterlein Faurndau bei Göppingen, das schon über 300 Jahre zu St.Gallen gehörte, schlichtete er einen Streit unter den dort lebenden Kanonikern und ordnete die Verhältnisse daselbst (29. März 1228). Ebenso ordnete er den Kirchendienst an der Kirche in St.Fiden sowie die Verpflichtungen der Priester an St.Lorenz, St.Magnus, St.Leonhard und St.Oswald. Auch die Kirche in Massin in der Lombardei, die längst zu St.Gallen gehörte, versah er mit Priestern.

Als Konrad «begund ze siechen» und «übel mügent» ward, legte er sich im Hause, das Dekan Heinrich von Sax gebaut hatte, zum Sterben nieder. Der Tod ereilte ihn am 20. Dezember 1239, nachdem er 13 Jahre, 10 Wochen und 2 Tage dem Gotteshause vorgestanden hatte. Seine Jahrzeitstiftung haben wir oben bereits erwähnt. Konrad wünschte – und das mag merkwürdig erscheinen, lässt sich aber vielleicht aus den Anfeindungen,die der Abt in seinen letzten Tagen erfahren musste (s.o.), erklären – im Cisterzienserstift Salem begraben zu werden. Er war nämlich daselbst nicht bloss in die Gebetsverbrüderung aufgenommen worden , sondern hatte auch sonst mit dieser Abtei manche Beziehungen unterhalten. Zunächst wurde er allerdings in St.Gallen bei der Türe in den Kreuzgang bestattet; nach drei Tagen aber kamen die von Salem, gruben ihn wieder aus und führten die Leiche mit sich in ihr Gotteshaus. Die Bemerkung in einem der Äbtekataloge (Codex C.): «Iste factus frater in Salem ibidem tumulatus est», bezieht sich jedenfalls nur auf die Gebetsverbrüderung.

Konrad von Bussnang war einer der hervorragendsten politischen Äbte, die St.Gallen gehabt hat. Kuchimeister hat allerdings recht, wenn er kurz und treffend sagt: «das voran noch sider nie werlicher abt was; es sind wol hailiger gewesen.»
Geographische Angaben:aus dem Thurgau