Müller, Bernhard (II.) (-17.12.1630) (Personen\St.Gallen, Äbte)

 

Grunddaten

ThesaurusPersonen
BezeichnungMüller, Bernhard (II.)
Beschreibung
QuelleRudolf HENGGELER, Professbuch der fürstlichen Benediktinerabtei der Heiligen Gallus und Otmar zu St.Gallen, Zug 1930 (Monasticon-Benedictinum Helvetiae 1).
 

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Synonyme:Bernhard II. Müller von Ochsenhausen

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Todesdatum:17.12.1630
Biographie:Regierte vom 27. August 1594 bis zu seiner Resignation, am 14. April 1630; gestorben am 17. Dezember 1630.

Aus der Wahl vom 27. August 1594 ging der bisherige Dekan, Bernhard Müller, als Abt hervor. Am 17. Dezember 1594 erfolgte die päpstliche Bestätigung. Die feierliche Benediktion fand der Pestgefahr wegen erst am 16. Oktober 1595 statt; auch musste die päpstliche Bulle, weil darin das Verhältnis des Klosters zum Bistum Konstanz falsch ausgedrückt war, umgeändert werden. – Schon am 25. Oktober 1594 kündigte der päpstliche Nuntius Porta eine Visitation an, was der Abt mit ziemlichem Befremden entgegennahm. Doch fand die Visitation alsdann durch den Nuntius und den Abt Georg von Weingarten vom 25. Januar bis zum 13. Februar statt. Der an diesem Tage ausgestellte Visitationsrezess wurde grundlegend für die unter Bernhard zum Siege geführte Reform des Stiftes. Zwar erhob sich auch jetzt von gewisser Seite, wie fünf Jahre früher gegen Abt Joachim, ein Sturm, dem der Abt aber mutig standhielt. Er fand dabei den ungeteilten Beifall des Nuntius wie des Papstes Clemens VIII. Als der Abt von Muri, Johann Jodocus Singeisen, anno 1600 und wiederum 1601 Visitationen vornahm, fand er nur weniges noch zu verbessern. So sicherte Bernhard durch sein entschlossenes Auftreten der Reform für immer festen Bestand. Er liess eine grosse Zahl seiner Konventualen auswärts, besonders in Dillingen und Ingolstadt studieren, wofür er nicht weniger als 21'662 fl. auslegte. Er errichtete auch 1624 in Rorschach eine Schule für die untern Gymnasialklassen, denen 1642 die höhern angeschlossen wurden. Er half dieses Werk der Reform in seinem und den andern Schweizer Klöstern krönen durch die Gründung der schweizerischen Benediktinerkongregation, die 1602 durch ihn sowie die Äbte von Einsiedeln, Muri und Fischingen ins Leben gerufen wurde und der sich später auch die übrigen fünf Benediktinerklöster der Schweiz anschlossen. Ebenso half er mit bei den Reformbestrebungen in den Klöstern Murbach, Fulda und Marienberg.

Mit der Reform hangen auch seine Bemühungen für die Schaffung eines neuen Breviers zusammen, das 1614 zu Rorschach erschien.

Von weittragender Bedeutung waren die Anstände, die sich unter Abt Bernhard mit der Kurie von Konstanz ergaben. Schon unter seinem Vorgänger waren einzelne Differenzen aufgetaucht. Abt Bernhard glaubte sich für seine Rechte entschiedener wehren zu müssen, und so strengte er 1602 einen Prozess an, der sich jahrelang hinzog, unendlich viel Verdruss und Kosten verursachte und trotz dreimaliger Entscheidung der Kurie endlich durch einen Vergleich, das Konkordat vom 22. März 1613, beigelegt wurde. St.Gallen erhielt damit «mit wenigen Einschränkungen freie Hand in der oberhirtlichen Leitung der seinem Stifte unterstehenden Landesteile». Abt Bernhard schuf darum 1614 ein eigenes Generalvikariat, dessen Inhaber den Namen eines Offizials führte. Seit 1616 fand alle drei Jahre eine Visitation aller Kirchen, entweder durch den Abt persönlich oder dann durch den Offizial statt. Der Umstand, dass auch Konstanz das Recht zu visitieren eingeräumt worden war, führte zunächst zu weitern Anständen, die 1624 wenigstens vorläufig beigelegt wurden; aber Konstanz versuchte später immer wieder sein Recht durchzusetzen, während St.Gallen dies stets zu hintertreiben wusste.

Auch auf weltlichem Gebiete zeigte sich die energische Hand Bernhards. Schon im April 1595 nahm er in Begleitung von Abgeordneten der vier Schirmorte in den verschiedenen Landesgegenden die Huldigung entgegen, die überall willig geleistet wurde. Von Kaiser Rudolf II. erlangte er am 14. Juni 1595 für gut 1100 Kronen die Regalien. Bei der streng katholischen Gesinnung des Abtes ist es nicht zu verwundern, dass er in seinen Landen in erster Linie die Interessen seiner Kirche im Auge hatte. Schon 1595 ergaben sich im Toggenburg Unruhen, wo sich bei den Reformierten viel Unzufriedenheit angesammelt hatte. Schwyz und Glarus legten sich 1596 und 1597 ins Mittel. Als der Abt aber 1598 zu Oberglatt und Mogelsberg in die Kirchen wieder Altäre setzen liess und den katholischen Gottesdienst zu halten begann, erhob sich ein neuer Sturm, ja es drohten kriegerische Verwicklungen, da Zürich sich hinter die Toggenburger stellte. Ein Spruch vom 10. Februar 1601 brachte eine Aussöhnung. Darnach sollten u. a. die Einkünfte der Pfarreien im Verhältnis der Pfarrgenossen geteilt werden; die Folge war, dass diese im Obertoggenburg fast ganz den Reformierten zufielen, weshalb für die dortigen Katholiken neue Pfründen und Pfarrhäuser zu stiften waren, wofür der Abt allein 31'360 fl. auslegte. Die Ruhe wollte indessen nie recht zurückkehren; 1616 und 1619 folgten neue Unruhen. Am 9. November wurde sogar der äbtische Hofammann zu St.Johann, Johann Ledergerber von Wil, durch vier Nesslauer erschossen, ohne dass man zunächst die Urheber fassen konnte. Erst 1629 konnte an den Schuldigen der Gerechtigkeit ihren Lauf gelassen werden. Der ganze Handel erregte weitherum grösstes Aufsehen. Mit dieser feindseligen Haltung der Bevölkerung wurde auch die Erscheinung in Zusammenhang gebracht, dass in dieser Zeit im Kloster zu St.Johann alle Bewohner von einer kolikartigen Krankheit befallen wurden, die Lähmungen von Händen und Füssen zur Folge hatte. Man glaubte, es handle sich um Vergiftungen. Man wusste sich schliesslich nicht anders zu helfen, als mit dem Verlassen des Klosters (1624). Die Trauer war darum nicht gross, als das ganze Gebäude infolge Fahrlässigkeit eines Dieners am 8. Februar 1626 abbrannte. Abt Bernhard beschloss, das Kloster nicht mehr am gleichen Orte aufzubauen, sondern in Sidwald bei Nesslau, wo heute Neu St.Johann steht. Am 2. Oktober 1626 legte er den Grundstein zum Neubau, den P. Jodocus Metzler leitete. Der Bau konnte 1629 bezogen werden, die Kirche aber ward erst am 17. Mai 1680 eingeweiht.

Auch in St.Gallen war Abt Bernhard baulich tätig. Er erweiterte dort das Gallusmünster, schmückte es mit neuen Altären, Malereien und einer neuen Orgel. Die Sakristei ward ganz neu erbaut. Die St.Otmarskirche liess er niederlegen und an ihrer Stelle einen Neubau aufführen, der am 16. Oktober 1628 eingeweiht wurde anlässlich der feierlichen Übertragung der Reliquien der h1. Gallus, Otmar, Notker, Konstantius und Remaklus. Der Kirchen- und Reliquienschatz fand unter ihm grossen Zuwachs.

In ökonomischer Hinsicht zeigte Abt Bernhard viel Geschick. Die 1586 unter Abt Joachim veräusserte Herrschaft Neu-Ravensburg suchte er von der Stadt Wangen wieder zurückzuerlangen; er griff 1604 den Kauf vor dem kaiserlichen Kammergericht in Speier an und erlangte – allerdings gegen Rückgabe des grössten Teils des Kaufschillings – deren Zurückgabe, wobei er die Rechte in Wangen selbst fahren lassen musste. Auf der so neu erworbenen Herrschaft baute er das Schloss, das niedergebrannt war, wieder auf. Von den Edeln von Bodmann erwarb er 1613 die Herrschaften Homberg und Staringen um 72'000 fl. und 1621 brachte er den alten Klosterbesitz Ebringen um 71'800 f1. wieder an das Stift. Zu gleicher Zeit fiel ihm auch das bei Ebringen gelegene Dorf Norsingen, das die Edeln von Staufen zu Lehen gehabt, zu.

Im Tablat stellte er die Gerichtsbarkeit des Stiftes wieder her. Um Handel und Industrie zu beleben, baute er eine Papiermühle. In Rorschach begann er 1610 einen Leinwandhandel grossen Stils zu errichten, der nach verschiedenen Wechselfällen sich gut anliess und mithalf, dem Abte grosse Gelder flüssig zu machen. So kam es, dass er für den Ankauf von Zehnten, Wäldern und Liegenschaften 20'000 fl. ausgeben konnte; für Prozesse brauchte er allerdings auch 29'975 fl. Die Burgen Iberg, Romanshorn und Schwarzenbach stellte er wieder her; auch die innere Einrichtung im Kloster zu Rorschach rührt zum Teil von ihm her. – Nicht geringe Geldsummen flossen ihm, aber auch aus dem Auslande zu, indem er österreichische, burgundische, spanische und französische Pensionen bezog. Dafür musste er wohl Truppenwerbungen und auch gelegentlich den Durchmarsch fremder Truppen gestatten. Die finanzielle Erstarkung der Abtei fand auch darin ihren Ausdruck, dass Abt Bernhard sich von Kaiser Ferdinand II. am 15. Oktober 1621 das Münzrecht der Abtei bestätigen liess, worauf er im folgenden Jahre einen Taler prägen liess.

Schwere Heimsuchungen für das Kloster und das Land bedeuteten die Pestjahre 1611 und 1629, in welch letzterem Jahre in der Alten Landschaft allein 19'953 Menschen starben. Dem Drängen seiner Konventualen nachgebend, zog sich der Abt in diesen Zeiten nach Rorschach zurück.

Da Abt Bernhard seit einigen Jahren kränkelte, resignierte er am 13. April 1630 auf die Abtei. Schon am 17. Dezember desselben Jahres machte ein Schlaganfall seinem arbeitsreichen Leben ein Ende. Stipplin sagt von ihm: «Erat vir statura pusillus sed moribus gravis, prudentia insignis, temperantia omnibus antecellens, sed severioris disciplinae.» Das ihm gesetzte Epitaph bei der Stiege der St.Columbanskripta trug nachfolgende Inschrift: «Reverendissimo ac Illustrissimo Principi Dno D. Bernardo II. Monasteriorum S. Galli et S. Joannis Abbati, Disciplinae Benedictinae instauratori, Novi S. Joannis coenobii in Valle Thauri fundatori, rei Sanctgallen et fidei orthodoxae per XXXVI sui Regiminis annos felici propagatori ad XV. Cal. Januar. Anno a Christo nato MDCXXX aetatis suae LXXIII piissime Defuncto hoc aeternae memoriae monumentum Pius eorundem monriorum Abbas posuit.
Geographische Angaben:von Ochsenhausen