Alt, Gallus (II.) (-04.03.1687) (Personen\St.Gallen, Äbte)

 

Grunddaten

ThesaurusPersonen
BezeichnungAlt, Gallus (II.)
Beschreibung
QuelleRudolf HENGGELER, Professbuch der fürstlichen Benediktinerabtei der Heiligen Gallus und Otmar zu St.Gallen, Zug 1930 (Monasticon-Benedictinum Helvetiae 1).
 

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Todesdatum:04.03.1687
Biographie:Regierte vom 17. Dezember 1654 bis zu seinem Tode, am 4. März 1687.

Die Wahl des Kapitels fiel am 17. Dezember 1654 auf Gallus Alt, der bisher das Amt eines Stiftsdekans versehen hatte.

Gleich in den Beginn der Regierung des Abtes fallen die Wirren, die dem ersten Villmergerkrieg vorausgehen. Die Katholiken forderten ihn darum am 16. November 1655 auf, zum Kriege zu rüsten. Der Abt bot zwar die Mannschaften auf und traf auch sonst Verteidigungsanstalten, erklärte aber im übrigen, neutral bleiben zu wollen. Dabei zeigten sich freilich die von Zürich stets begünstigten reformierten Toggenburger ungehorsam, und auch die Bewohner von Romanshorn und Kesswil weigerten sich, dem Truppenaufgebot Folge zu leisten. Als der Abt sie dafür bestrafen wollte, trat Zürich zu ihren Gunsten ein, konnte aber doch nicht verhindern, dass der Abt von seinem Rechte Gebrauch machte; den Toggenburgern musste er freilich volle Amnestie gewähren. Auch in Altstätten, wo die Reformierten ihre Gleichstellung mit den Katholiken erzwingen wollten (1655 und wiederum 1674), wahrte der Abt sein Recht; doch gab es dort von Zeit zu Zeit immer wieder, auch in politischer Hinsicht, so besonders 1676 Unruhen. Da der erste Villmergerkrieg zu Gunsten der Katholiken ausging, kehrte die Ruhe in der Schweiz nicht zurück. Vorab setzte der Wiggoltinger Handel (1663) alles in Aufruhr; die katholischen Orte rüsteten bereits und hatten auch mit dem Abte ihre Verabredungen getroffen, als der Friede für einmal wieder gesichert wurde.

Am wenigsten wollte im Toggenburg die Ruhe wiederkehren. Dort gab besonders der Handel mit dem Landvogt Friedrich Schorno von Schwyz, der seiner Härte und Strenge wegen entfernt werden musste, viel zu reden. Mit den Schwyzern drohte 1685 ein Bruch, da der Abt nicht mehr wie bisher einen Schwyzer zum Landvogt bestellte. Erst 1688 gelang es dem Einsiedler Abt, Augustin Reding, zu vermitteln. Nur durch kluges Entgegenkommen konnten grössere Unruhen ferngehalten und der Landfriede wenigstens für einige Zeit noch erhalten werden.

Seit 1658 gewann der damals zum Landeshofmeister bestellte Baron Fidel von Thurn immer mehr Einfluss auf die Politik des Abtes. Sehr gewandt wusste dieser hochbefähigte Mann in den verschiedenen Konflikten die Interessen des Stiftes, aber nicht minder die seinen zu wahren. Nach aussen hin begünstigte er anfänglich Frankreich, das von 1669 auf 1670 aus den Stiftslanden allein 16 Kompanien bezog. Als aber Kaiser Leopold 1674 das Stift als Reichsstand zu Hilfe rief und 1676 durch die Franzosen die st.gallische Herrschaft Ebringen geplündert wurde, schwenkte Thurn zum Kaiser ab, von dem er sich grössere Vorteile versprach. Es war eine verhängnisvolle Wendung in der st.gallischen Politik; denn Frankreichs Einfluss war in der Schweiz, nicht zuletzt bei den Katholiken, in stetigem Wachsen begriffen. Im Jahre 1677 berief der Abt alles Volk aus den französischen Diensten zurück und Thurn begann auch auf den Tagsatzungen, wo er den Abt stets vertrat, dem französischen Gesandten entgegenzuarbeiten, weshalb Frankreich seine Pensionen einstellte. – Savoyen, das sich um diese Zeit um die Gunst St.Gallens bewarb, verlieh dem Abt 1686 den Annuntiatenorden, den der Hofmeister von Thurn, 1676 zum Erbmarschall ernannt, am 29. Dezember des gleichen Jahres dem Abte feierlich überreichte, und den die Äbte von St. Gallen seither immer trugen, bis nach dem Tode des letzten Abtes die Ordenskette veräussert wurde.

Im Innern des Klosters hielt Abt Gallus sehr auf strenge Disziplin, so dass sein Kloster als eines der regeltreuesten galt. Er hob 1666 das Gymnasium in Rorschach auf, weil die durch die Jesuitenschule in Konstanz geschaffene Konkurrenz zu gross und die Abwesenheit der Klostermitglieder der Disziplin eher hinderlich schien. Herbsten Schmerz bereitete dem Abt der Austritt und die Apostasie des P. Maurus Heidelberger, auf den er so grosse Stücke gehalten hatte (1631). Dieser kehrte gegen Ende seines Lebens (1699) wieder zurück. Gerade dieser traurige Vorfall trug indessen sehr dazu bei, dass das innere Leben in St.Gallen stets ein sehr gutes blieb. Im Laufe seiner 33-jährigen Regierung nahm Abt Gallus 105 neue Mitglieder auf, sodass die Zahl der Konventualen von 45 auf durchschnittlich über 70 stieg. Daher sah sich der Abt auch genötigt, neue Gebäulichkeiten zu errichten; die von ihm gebauten zwei Flügel stehen heute noch. Der Zierde des Gotteshauses und der Feierlichkeit des Gottesdienstes wandte Abt Gallus seine besondere Aufmerksamkeit zu; sehr feierlich gestalteten sich unter ihm die grossen Translationsfeste von Römerheiligen zu Lichtensteig, Wil, Rorschach, Wildhaus und St.Gallen selbst.

Für die Weltgeistlichkeit seines Gebietes hielt er anno 1663 zu Rorschach eine Art Synode ab. Durch eifrige Visitationen hob er den religiösen Eifer in den Pfarreien. Auch die Angelegenheiten der schweizerischen Benediktinerkongregation nahmen ihn sehr in Anspruch, zumal die Zustände im Stifte Pfäfers, für dessen Einverleibung an Einsiedeln (1682) er sehr tätig war. Aus seinem Konvente wirkten Mitglieder in den Stiften Fulda, Kempten, Murbach und Ettenheimmünster.

Am 5. Mai 1686 war es dem Abte vergönnt, im Beisein sämtlicher Äbte der schweiz. Benediktinerkongregation sein goldenes Priesterjubiläum zu feiern. Schon seit 1663 litt er an einem Steinleiden. Gegen Ende 1686 fingen seine Kräfte zu schwinden an; am 4. November musste er aufhören die heilige Messe zu lesen, worauf er sich am 10. November ins Krankenhaus zurückzog. Am 4. März 1687 wurde er von seinen Leiden erlöst. – Persönlich war Abt Gallus von äusserster Einfachheit und Bescheidenheit gewesen; seinen Bruder, einen einfachen Bauersmann, nahm er stets mit besonderer Liebe auf.
Geographische Angaben:von Oberriet