Gugger von Staudach, Cölestin (II.) (-24.02.1767) (Personen\St.Gallen, Äbte)

 

Grunddaten

ThesaurusPersonen
BezeichnungGugger von Staudach, Cölestin (II.)
Beschreibung
QuelleRudolf HENGGELER, Professbuch der fürstlichen Benediktinerabtei der Heiligen Gallus und Otmar zu St.Gallen, Zug 1930 (Monasticon-Benedictinum Helvetiae 1).
 

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Todesdatum:24.02.1767
Biographie:Regierte vom 23. März 1740 bis zu seinem Tode, am 24. Februar 1767.

Während viele nach dem Tode des Abtes Josef in Bernhard Frank von Frankenberg den künftigen Abt sehen wollten, fiel am 23. März 1740 die Wahl auf den bisherigen Subprior, P. Cölestin Gugger. Die feierliche Benediktion nahm der päpstliche Nuntius am 10. September 1741 vor. Die Regalien erhielt der Abt erst 1747.

Mit der Entgegennahme der Huldigung setzten auch die Regierungssorgen ein. Als der Abt am 14. Juni 1740 diese in Wattwil vornehmen wollte, kam es zu so ärgerlichen Auftritten, dass er unverrichteter Dinge wieder fort musste. Die Toggenburger verlangten nämlich, dass auch er ihnen, und zwar zuerst schwöre; auch beanstandeten sie die alte Formel u.a.m. Als er die Anstifter der Unruhen bestrafen wollte, folgten neue, strafwürdige Ausschreitungen, dazu gesellten sich andere Misshelligkeiten (so am 6. Januar und 4. März 1742 in Bütschwil). Zürich und Bern wollten vermitteln. Der Abt aber erklärte, dass diese Angelegenheiten zu ordnen ihm allein zustände. Immerhin gaben die beiden Orte – im Gegensatz zu früher – dem Lande ihre Missbilligung kund, was aber nicht verhindern konnte, dass persönliche Reibereien und Quertreibereien fortwährend das Toggenburg beunruhigten. Erst am 30. Oktober 1743 konnte der Abt die Huldigung entgegennehmen, die nun ordnungsgemäss verlief. Doch blieb immer noch das von Abt Josef her schwebende Geschäft wegen dem Mannschaftsrecht und auch wegen der Bestellung der Behörden zu regeln. Bern und Zürich drängten auf eine endgültige Regelung; während es Bern dabei ernst war, war dies bei Zürich nicht der Fall, was den Toggenburgern natürlich nicht verborgen blieb. So zogen sich die Verhandlungen in die Länge, bis man endlich auch von St.Gallen aus anno 1750 auf eine endgültige Lösung drängte.

Neuerdings zerschlugen sich aber die Verhandlungen an Zürichs ränkevoller Politik. Da liess sich Frankreich in die Angelegenheit ein, und so kam es, dass am 27. September 1755 endlich der Gebrauch des Mannschaftsrechtes geregelt wurde; auf die Frage, wem es zustehe, trat man nicht ein. Damit war wohl eine Hauptfrage gelöst, aber noch nicht jede Unzufriedenheit aus der Welt geschafft. Im März 1758 stimmten endlich alle dem getroffenen Vergleich bei. Doch waren noch eine Reihe von Fragen zu regeln, was am 29. Januar 1759 auf einer Konferenz der eidgenössischen Orte in Frauenfeld geschah. So kam nach jahrzehntelangem Zwist, der die ganze Schweiz beunruhigt hatte und die Quelle unsäglichen Verdrusses für die Landesherren gewesen war, ein endgültiger Friede zustande.

Aber auch in den übrigen Landesteilen fehlte es unter Abt Cölestin nicht an Unruhen. In Gossau setzte es anno 1745/46 solche ab, denen 1750/51 der Gruber Kreuzfahrtstreit folgte, der an den Kreuzkrieg unter Abt Leodegar erinnert; wollten doch die reformierten Appenzeller denen von Grub das Aufrechttragen der Kirchenfahnen bei Bittgängen verbieten. Unzufriedenheit regte sich auch anno 1754/55 im Rorschacheramt, wo gegen die äbtische Regierung allerlei Verleumdungen ausgestreut worden waren, so dass es bald zu einem bewaffneten Aufstand gekommen wäre. In all diesen Streithändeln verstand es Cölestin vorzüglich, die Sicherung der Ruhe, wie die Interessen des Stiftes zu wahren.

Ein gleiches war der Fall in dem berühmten Jurisdiktionsprozess, der sich noch im letzten Regierungsjahr seines Vorgängers entsponnen hatte. Da der konstanzische Offizial Dr. Rettich im Sankt Gallischen eine Kirchenvisitation abzuhalten sich unterfing – wogegen man sich dort seit 1613 erfolgreich immer wieder gewehrt hatte, obwohl Konstanz das formelle Recht zustand – so liess ihn Abt Joseph amtlich aus dem Lande führen. Konstanz, das sich so etwas nicht gefallen lassen wollte, klagte beim Reichshofrat, den Reichsständen und den Eidgenossen. Jede der beiden Parteien suchte durch Druckschriften ihren Standpunkt vor der Öffentlichkeit zu rechtfertigen. Während Konstanz die Sache in Mainz anhängig machte, wandte sich St.Gallen nach Rom, wogegen sich Konstanz aufs heftigste wehrte. Man stritt sich darum jahrelang über die Frage, vor welchen Richter die Angelegenheit gehöre. Schliesslich setzte es St.Gallen durch, dass die Angelegenheit in Rom verhandelt wurde. Ein Wechsel auf dem Bischofsitz in Konstanz bewirkte eine Annäherung der beiden Parteien. So kam 1749 ein Vergleich zustande, der die Oberhoheit von Konstanz wahrte, faktisch aber in den meisten Fragen zu Gunsten von St.Gallen lautete. Zu gleicher Zeit wurde auch ein Austausch gewisser Rechte und Besitzungen, die Konstanz auf st.gallischem Gebiete und umgekehrt hatte, vorgenommen. St.Gallen trat die Herrschaft Staringen, die Kollatur in Mundelfingen u. a. an Konstanz ab, wobei letzteres in materieller Hinsicht nur gewann, so dass es sich eher auf den Verlust gewisser Rechte verstehen konnte. Rom hiess die getroffene Übereinkunft gut, und so kehrte der Friede nach einem zehn Jahre dauernden Streit zurück. Gegenseitige Besuche des Bischofs und Abtes festigten das gute Einvernehmen.

Ein Nachspiel hatte dieser Prozess noch im Rheintal, wo sich die von Montlingen weigerten, ihren Kaplan dem Abte, statt wie bisher dem Bischofe zu präsentieren. Die eidgenössischen Orte mussten eingreifen und 1764 Ruhe schaffen. Ein ähnlicher Streit war schon 1749 in Altstätten ausgebrochen, wo die regierenden Orte 1754 die Ruhe wieder herstellen konnten. Wegen Pfründen setzte es auch mit den Reformierten im Rheintale Streitigkeiten ab, da diese ihre Prädikanten selber wählten und nicht gemäss dem Elggervertrag von 1637 durch den Abt ernannt sehen wollten. Sie beschwerten sich 1746 auch höflich wegen einer Predigt, die Stiftsdekan P. Aegidius Hartmann in Altstätten anlässlich einer Professfeier gehalten hatte; sogar Bern, Glarus und Appenzell wurden zum Protest aufgeboten, doch gelang es Abt Cölestin, zu beschwichtigen.

Während des Streites mit Konstanz hatte übrigens Abt Cölestin 1742 die erste Visitation seines Gebietes vorgenommen, die er in der Folge regelmässig wiederholen liess. Ein Zeichen des religiösen Eifers bilden die Kirchenbauten, die in dieser Zeit erstellt wurden. Als der päpstliche Nuntius 1746 – eben während des Konflikts mit Konstanz – nach St.Gallen kam, um in den Gebieten der Abtei vom 20. August bis 22. September zu firmen, weihte er am 21. August die neue Kirche in Tübach, am 24. jene zu Eggersriet, am 28. jene in Steinach und später noch eine in Henau ein. Bei religiösen Feierlichkeiten, wie der grossen Reliquientranslation des hl. Justinus in Gossau (22. September 1743) und der Heiligsprechungsfeier des heiligen Fidelis von Sigmaringen in Wil (30. April bis 4. Mai 1747) nahm der Abt persönlich lebhaften Anteil.

Nicht wenig Verdruss verschafften dem Abt die Klostergründungen des Pfarrers Josef Helg. Dieser bildete zunächst in Libingen eine Vereinigung frommer Jungfrauen, bei denen er 1754 die Ewige Anbetung einführte. Kaum war die nötigste finanzielle Grundlage da, als Helg eine Neugründung bei Gommiswald ins Leben rief, was natürlich nicht ohne Beeinträchtigung Libingens geschehen konnte. Abt Cölestin, der an und für sich dem Unternehmen günstig gesinnt war, konnte ein solches Gebahren nicht billigen, und so suchte Helg heimlich alles ins Uznachergebiet hinüberzuziehen. Libingen drohte einzugehen und konnte sich vorerst nur kümmerlich weiter erhalten, bis dann der Nachfolger Cölestins sorgend eingriff.

Unter den schweizerischen Benediktinerklöstern gab das Stift Disentis damals dem ersten Visitator der Kongregation viel zu schaffen. Durch Vermittlung des päpstlichen Nuntius kam 1742 Pater Bernhard Frank von Frankenherg als Abt dahin; doch zeigte er sich der Lage wenig gewachsen. Die finanziellen Verhältnisse in Disentis waren zu zerrüttet; mehr denn einmal musste Abt Cölestin mit Leuten und mit Geld einspringen. – Auch auswärtige Klöster wandten sich, vorab in finanziellen Angelegenheiten an den Abt. So konnte er Weingarten 20'000 fl. leihen, gleichviel dem Stifte Ochsenhausen und später dem Cisterzienserkloster Salem 21'000 fl.

Über die Erhaltung der klösterlichen Disziplin im eigenen Gotteshause wachte Abt Cölestin mit nie ermüdender Sorgfalt. Er hielt im Kapitel zahlreiche Ermahnungen und Ansprachen. Jedes Jahr zog er sich selbst 10 Tage zu den hl. Exerzitien zurück, während welcher Zeit jedes andere Geschäft ruhte. Nicht minder lag ihm die Förderung des wissenschaftlichen Lebens am Herzen. Die Bibliothek, die er sehr bereicherte, sah 1747 den Besuch des gelehrten Kardinals Quirini, dem 1748 der grosse Benediktiner Augustin Calmet folgte.

Das eigentlich Charakteristische der Regierungstätigkeit Abt Cölestins ist aber vor allem seine Bautätigkeit. Er begann 1746 mit dem Bau des Kornhauses in Rorschach, zu dem der Italiener Bagnato die Pläne entwarf. Die Kosten des 1748 vollendeten Baues, der auch architektonisch eine ganz bedeutende Leistung bildet, beliefen sich auf 35'480 fl. – Am 29. April 1757 legte Coelestin sodann den Grundstein zu dem grossartigen Bau der Klosterkirche, deren Schiff am 15. November 1760 benediziert werden konnte. Von 1761-1767 folgte der Bau des Chores und der Ostfassade. Die Leitung dieser Arbeiten, die zum Teil nach Plänen Bagnatos erfolgten, hatte im Schiff Peter Thumb von Konstanz, im Chor Johann Michael Bär aus dem Bregenzerwald inne. Die plastische und malerische Ausstattung des Schiffes besorgte der geniale Christian Wenzinger von Freiburg i. Br., während im Chor Josef Wannenmacher von Tomendingen (Württemberg) die Malereien, die Gebrüder Hans Georg und Mathias Gigl von Wessobrunn die Stukkaturen schufen. An der Ostfassade mit ihren zwei prächtigen Türmen, dem Wahrzeichen St.Gallens, erstellte Josef Anton Feuchtmayer das gewaltige Relief der Krönung Marias. Von diesem Meister stammen auch die einzigartigen Chor- und Beichtstühle im Innern der Kirche. Die Einweihung der Kirche erlebte Abt Cölestin freilich nicht; sie sollte überhaupt erst 1867 erfolgen. Die Innenausstattung nahm noch die Kräfte seines Nachfolgers stark in Anspruch; zum Teil wurde sie erst nach der Aufhebung des Stiftes vollendet.

Kaum hatte man mit dem Bau der Klosterkirche begonnen, als Abt Cölestin daran dachte, auch der Wissenschaft ein würdiges Heiligtum zu schaffen. Schon 1758 begann man, nachdem der Bibliothekbau des Abtes Diethelm niedergerissen worden war – die Bibliothek selber kam zum grössten Teil während der Bauzeit nach Rorschach – mit der Erstellung einer neuen Bibliothek und zugleich eines neuen Krankenhauses. Den Bibliotheksaal liess der Abt aufs prächtigste durch die schon erwähnten Wenzinger, Gigl und Wannenmacher ausschmücken. Für die unschätzbaren Handschriften wurde ein eigener herrlicher Raum geschaffen, dessen schöne Intarsienschränke der Laienbruder Gabriel Looser erstellte. Insgesamt legte der Abt für Kirchen- und Bibliothekbau 457'929 fl. aus.

Die Herschaffung dieser grossen Summe war nur dadurch möglich, dass Abt Cölestin, ohne knauserig zu sein, es verstand, die Geldquellen des Stiftes klug auszunützen. Er erwies sich als ein ausgezeichneter Haushalter, der jedes Jahr ungefähr 34'000 fl. vorschlagen konnte. So war es ihm möglich, nicht bloss 400 Jahre alte Schulden abzutragen, sondern er konnte überdies für den Ankauf der Herrschaft Wartensee bei Rorschach 12'000 fl., für die Besitzungen Roggwil, Hefenhofen und Moos 29'912 fl. auswerfen. Ausserdem brauchte er allein 12'000 fl. nur für die Erlangung der Konfirmation, Benediktion und der Regalien. 40'000 fl. wandte er mildtätigen Stiftungen zu; brauchte aber auch 59'487 fl. für verschiedene Prozesse, besonders den Toggenburger Handel. Bei all dem war es ihm noch möglich, seinem Nachfolger 180'600 fl. in bar und 57'695 fl. in Kapitalien zu hinterlassen, während er beim Antritte der Abtei ein Barvermögen von 84'000 fl. und 50'270 fl. Schulden angetreten hatte.

Wohl selten stand St.Gallen nach innen und aussen so glänzend da, wie unter Abt Cölestin II. Nach 27-jähriger Regierung starb der grosse Abt, der schon länger an einem Steinleiden litt und am 28. Februar 1766 von einem Schlagfluss getroffen worden war, am 24. Februar 1767. Er fand seine letzte Ruhestätte in der Mitte des Chores der von ihm erbauten Kirche, wo die einfache Inschrift: «Hic jacet Coelestinus II. Princeps, Abbas S. Galli. + 24. Febr. 1767. R. I. P.» die Stätte bezeichnet. Sein Verdienst hält folgendes, an einem Chorpfeiler angebrachtes Epitaph fest: «Coelestino II. S. R.I. Principi Abbati S. Galli et S. Joannis in Valle Thurae. Comiti Doggenburgi. Regii Ord. Anunt. Virg. Equit. Postquam Jura monasterii simulque Pacem mira Prudentia per Annos XXVI servasset, Territorium V Parociis, Clerum novis Beneficiis, Monasterium aedificiis auxisset. Orbi Litterato Bibliothecam, Publico Bono domum frumentariam, Superum cultui hanc Basilicam erexisset, Compositis Subditorum dissidiis, Firmata cum Episcopatu Constantiensi Concordia Pacis studiis immortuo Anno MDCCLXVII Die XXIV. Februarij Aetatis LXVI. Hoc gratitudinis Monumentum meritissimo moerens Successor posuit. Patrem optimum lugete Posteri.»
Geographische Angaben:aus Feldkirch