Angehrn, Beda (-19.05.1796) (Personen\St.Gallen, Äbte)

 

Grunddaten

ThesaurusPersonen
BezeichnungAngehrn, Beda
Beschreibung
QuelleRudolf HENGGELER, Professbuch der fürstlichen Benediktinerabtei der Heiligen Gallus und Otmar zu St.Gallen, Zug 1930 (Monasticon-Benedictinum Helvetiae 1).
 

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Todesdatum:19.05.1796
Biographie:Regierte vom 11. März 1767 bis zu seinem Tode, am 19. Mai 1796.

Im zweiten Wahlgange wurde am 11. März 1767 Beda Angehrn, seit 1761 Prior und Statthalter in St.Johann, zum Abte gewählt. Von seinem Vorgänger konnte er ein nach innen und aussen wohlgeordnetes Kloster und Land antreten. Als Hauptaufgabe hatte ihm Cölestin II. die Vollendung der Chorbaute und die Ausschmückung der Kirche hinterlassen, welches Erbe der Abt auch sofort in Angriff nahm. Schon im ersten Generalkapitel aber, das er hielt, am 7. April 1767, schlug er den Bau eines neuen Pfalzgebäudes vor, das innerhalb zweier Jahre mit einem Kostenaufwand von 173'313 fl. erstellt wurde. Zu einer Erhöhung des alten Hoftraktes und dem weitern Bau eines Flügels kam es nicht mehr; denn nur allzu rasch schwanden die vom Vorgänger hinterlassenen Gelder dahin. Schon nach drei Jahren hatten sich diese um 152'522 fl. vermindert.

Die 1770/71 auftretende Hungersnot nahm die Finanzen des Stiftes weiter sehr in Anspruch; denn unter gewaltigen Kosten musste Getreide aus Italien herbeigeschafft werden.

Kaum war diese Heimsuchung vorüber, da dachte der Abt daran, Handel und Verkehr durch den Bau grossangelegter Strassen zu heben. Besonders war damals Rorschach gefährdet, da die Bischöfe von Konstanz Arbon sehr begünstigten. Seit 1774 folgte der Bau einer Reihe von Strassen. Im ganzen warf Beda für Strassen- und Brückenbauten über 200'000 fl. aus, so dass St.Gallen sich rühmte, die besten Strassen, nicht nur in der Schweiz, sondern in Europa zu haben. In Rorschach baute Abt Beda mit grossem Kostenaufwand ein Salzhaus. Das von Helg in Libingen ins Leben gerufene Klösterlein verlegte er, da dort die Wohnverhältnisse sehr schlecht waren, nach dem Schloss Glattburg, das er zu diesem Zwecke umbauen liess.

Aber ebenso lag dem Abte die Hebung des geistigen Wohles seiner Untertanen am Herzen. Er führte mit Hilfe des P. Beda Pracher von Neresheim die Methode der österreichischen Normalschule ein, um deren Aufkommen er selbst – er wohnte öfters den Examen bei – sowie einige seiner Konventualen sich sehr bemühten. Aber sowohl das Landvolk, wie auch manche Mitglieder des Konvents konnten sich mit diesen neuen Methoden nicht befreunden. Auch die Einführung eines verbesserten Katechismus (1784) stiess auf grosse Schwierigkeiten.

Für die religiösen Bedürfnisse des Volkes war der Offizial P. Iso Walser sehr besorgt. Unter seiner Leitung wurden 7 Pfarreien und 6 Kaplaneien neu geschaffen und nicht weniger als 19 Kirchen teils neu gebaut, teils restauriert, wobei der Abt nach Kräften mithalf. Für die Klosterkirche selber schaffte er drei Pontifikalornate im Werte von 40-50'000 fl. an.

Der wachsenden Schuldenlast suchte Beda durch das Prägen eigenen Geldes zu begegnen (von 1773-83); doch waren die nach 1780 geprägten Münzen so schlecht, dass sie überall im Reiche verboten wurden. Um die Zinsen und die für die Amortisation nötigen Summen aufzubringen, nahm der Abt stets neue Anleihen auf, so dass die Schulden nur wuchsen. Dazu kamen grosse Verluste an Bürgschaften im Reiche (ca. 100'000 fl.). All das brachte allmählich Unruhen ins Kloster hinein. Anlässlich einer im Juni 1785 durch die Äbte von Einsiedeln und Muri vorgenommenen Visitation gelangten einige Kapitularen an die Visitatoren, die den Abt auch gebührend aufmerksam machten. Er hoffte der Bewegung begegnen zu können, dadurch, dass er deren Haupt, P. Gerold Brandenberg, zum Offizialen ernannte. Aber Mitte August verlangten P. Pankraz Vorster u. a. schriftlich die Einsetzung einer Kommission zur Prüfung des ökonomischen Standes der Abtei. Anfänglich wies Beda dieses Begehren schroff zurück und drohte mit Resignation; dann aber setzte er doch eine Kommission ein. Er stellte selbst eine Übersicht über die Aktiven und Passiven auf – so gut es ihm möglich war – und überreichte diese der Kommission, die er alsbald für aufgehoben erklärte. Diese gab sich aber nicht zufrieden und gelangte an die Visitatoren. Die Errichtung der Pfarrei Ricken gab neuen Stoff zu Unzufriedenheiten; denn man erblickte darin eine weitere Schwächung der Einkünfte. Da der Abt von Einsiedeln dem Verlangen der Opposition nicht willfahrte – das Schreiben an ihn war mit Umgehung des Abtes abgeschickt worden – so gelangte nun diese nach Rom und verlangte von dort die Vornahme einer Visitation. Beda gelang es, sich dort zu rechtfertigen, aber damit war die Unzufriedenheit nicht behoben. Neuerdings verlangte die Opposition von ihm Rechenschaft über den Stand der Abtei. Da forderte der Abt den Nuntius auf, ein Einschreiten Roms gegen die Unzufriedenen zu erlangen. Rom selbst mahnte aber von einem Prozess ab und so kam man überein, dass der Abt sowohl seinen Gegnern, wie seinen Anhängern ewiges Schweigen in dieser Frage auferlegen solle. Da aber unterdessen der Abt in seinem bisherigen Finanzgebahren fortfuhr, traten am 3. Juni 1788 die Patres Pankraz Vorster, Ambros Epp und Ildefons von Arx neuerdings an den Abt heran, mit der Bitte, doch die so dringend notwendigen Reformen im Haushalte durchzuführen. Auf das hin reichte der Abt in aller Stille in Rom ein Gesuch um Resignation ein. Die Opposition verlangte unterdessen, als Beda mit einer Antwort zögerte, beim Abt von Einsiedeln eine ausserordentliche Visitation, die dieser abwies. Inzwischen kam am 11. Juli 1788 ein Breve Pius VI. an den Abt, worin ihm die Resignation nicht gewährt wurde. Das Verlangen um eine ausserordentliche Visitation bewog ihn, in Rom die Bitte nochmals zu erneuern. Als Antwort erfolgte ein vom 16. August 1788 datiertes Breve an den Konvent, worin diesem Schweigen auferlegt wurde. Beide Breven liess nun der Abt am 17. September in einem Generalkapitel verlesen und verfügte dann darauf die Versetzung seiner Gegner auf auswärtige Posten (Ebringen, St.Johann, Hemberg). Es war das einfachste Mittel, die Opposition aus dem Wege zu schaffen. Der Sache selbst war freilich damit wenig gedient; denn wenn man auch zugeben muss, dass bei diesen Vorgängen manches gegen den Abt unterlief, was nicht in Ordnung war, so darf man doch nicht vergessen, dass das unsinnige Finanzgebahren des Abtes die Abtei aufs schwerste schädigte. Man hat die Verminderung des Stiftsvermögens unter Beda auf zwei Millionen Gulden berechnet. Eine genaue Feststellung wird nie möglich sein; denn schon die Buchführung des Abtes war so mangelhaft, dass er selber wohl nie einen klaren Überblick über den Stand des Stiftes hatte. Die Unruhen selbst haben eine tiefe moralische Schädigung des klösterlichen Lebens mit sich gebracht. Und gerade in ihnen haben wir eine Mitursache zu suchen, weshalb bei der Aufhebung des Stiftes manche der Konventualen dieser recht gleichgültig gegenüberstanden. Die Gemüter waren sich vielfach zu sehr entfremdet worden, zumal der Führer der Opposition Bedas Nachfolger werden sollte.

Kaum waren diese innern Unruhen einigermassen beigelegt, als von aussen sich ein Sturm erhob, dem die altehrwürdige Stiftung des hl. Gallus schliesslich erliegen sollte. Von Frankreich drang der revolutionäre Geist, wie bekannt ist, rasch in die benachbarte Schweiz ein. Wenn der Abt glaubte, seine Leute seien viel zu katholisch, um sich davon anstecken zu lassen, so täuschte er sich schwer. Manche Verordnungen, wie z. B. Einschränkungen der Handelsfreiheit, dazu eine neue Getreideteuerung anfangs der Neunzigerjahre und damit verbundener Kornwucher regten die Gemüter stark auf.

Die Unruhen brachen zuerst in der Alten Landschaft aus, wo sich die Gemeinde Gossau zu Anfang 1792 über die Erhöhung gewisser Abgaben beklagte, die sie nicht bezahlen wollte. Durch einzelne Männer, vor allem durch den Gemeindevogt Johann Künzle wurde die Unzufriedenheit gesteigert. Nach einigen Verhandlungen verlangte die äbtische Regierung am 10. Oktober 1793 die schriftliche Eingabe der Beschwerdepunkte. Darin forderte man nun nicht mehr bloss die Abschaffung der Auflagen, sondern auch die Überlassung der Pensionengelder und die Zurücknahme mehrerer neuer Erlasse, so der neuen Milizordnung u. a. m. Abt Beda gab zögernd eine hinhaltende Antwort, die überdies lange dem Volke vorenthalten wurde, so dass die Unzufriedenheit nur stieg. Ja diese wurde immer mehr geschürt und am 7. Dezember 1794 bestellten die Unruhigen eine neue Kommission von 17 Mitgliedern, die bei den vier Schirmorten die Klagen vorbringen sollten. Nun anerbot sich die äbtische Regierung am 13. Dezember zu gütlichem oder rechtlichem Austrag des Handels. Künzle, das führende Haupt der Bewegung, der sich den Rücken durch Glarus, das für diese Jahre den Schutzhauptmann stellte, geschützt wusste, berief nun auf den 24. Februar 1795 eine Landsgemeinde des Amtes Oberberg nach Gossau, an der die Beschwerdepunkte auf 15 erhöht und ein Ausschuss von 37 Mitgliedern bestellt wurde, um weitere Klagepunkte zusammenzutragen. Die Bewegung griff rasch auf das ganze Fürstenland über. Als der Abt am 19. März 1795 in einer Proklamation die Prüfung der vorgelegten Beschwerden verhiess, wurde dies in der allgemeinen Erregung kaum beachtet. Durch einen neuen Erlass vom 16. April – der so recht die Schwäche der Regierung zeigte – wurde allen Amnestie für das bisherige versprochen und neuerdings eine gütliche oder rechtliche Erledigung der Beschwerden verheissen. Ende Mai 1795 folgte eine zweite Landsgemeinde in Gossau, als deren Ergebnis am 3. Juni dem Abte eine Beschwerdeliste mit 61 Punkten zugestellt wurde. Vergebens suchte man nun in St.Gallen die Volksstimmung zu Gunsten der Regierung umzustimmen; es war zu spät. Im Kapitel selber brachen Unzustimmigkeiten aus, da man glaubte, der Abt gehe zu weit und höre zu wenig auf das Kapitel. Er berief nämlich aus dessen Schoss nur eine Dreierkommission, mit der er die Punkte prüfte. Als Ergebnis dieser Prüfung ward den Gemeinden ein Schlussantrag (Ultimatum) zugestellt. Sollte man nicht darauf eingehen, so wollte man die Sache durch die vier Schirmorte rechtlich austragen lassen.

Die Führer der Volksbewegung wollten aber nicht nur etwas, sondern alles, und so berief man eine neue grosse Volksversammlung. Um diesem zuvorzukommen, setzte sich nun Beda über sein Kapitel hinweg und vereinbarte – unter Zuziehung des Dekans P. Cölestin Schiess und des Archivars P. Deicola Custer – mit den Häuptern der Bewegung den sogen. Gütlichen Vertrag vom 28. Oktober 1795. Darin wurden den Aufständischen fast alle Forderungen zugestanden. Der Vertrag sollte die Grundlage einer neuen Verfassung für die Landschaft bilden. «Beda hat damit,» wie Müller-Friedberg schreibt, «das Werk von tausend Jahren, der Erneuerung (be)dürftig, der Vervollkommnung fähig, beinahe im Grunde zerstört. In einem tumultarischen Augenblicke gab er dem Lande eine unüberdachte Verfassung, ohne Zusammenhang, Stoff zu ewigen Zwisten.» Nur widerstrebend gab das Kapitel seine Zustimmung, und ebensosehr missbilligte es, dass der Abt am 23. November 1795 persönlich an der Landsgemeinde in Gossau teilnahm, an der dieser Vertrag vom Volke gutgeheissen und, wie man nicht mit Unrecht gesagt hat, das Stift St.Gallen zu Grabe getragen wurde. Beda selber ward dadurch wohl für kurze Zeit der populärste Mann; aber die Ruhe war nicht von Dauer.

Die Bewegung im Fürstenlande konnte unmöglich auf die Länge ohne Einfluss auf das Toggenburg bleiben, wo die neuen Ideen ebenso Eingang gefunden hatten. Um 1795 begann es dort unruhig zu werden; man trat mit allerlei Forderungen - wie sie damals in der Luft lagen – hervor. Bern und Zürich, in Sorge um ihre eigene Herrschaft, mahnten am 30. August 1795 zur Ruhe, die aber nicht recht wiederkehren wollte. Auf das Drängen der Toggenburger bewilligte der Abt am 31. März 1796 die Ablösung des Totfalles um 55'000 fl. und versprach weitere Gefälle ablösen zu lassen. Er sollte dies Versprechen allerdings nicht mehr einlösen können. Schon am 11. November 1794 hatte ihn ein Schlagfluss getroffen, der eine zeitweise Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte und sich am 5. August 1795 wiederholte. Am 19. Mai 1796 machte ein erneuter Schlaganfall seinem Leben ein Ende. Er fand in der Stiftskirche an der Seite seines Vorgängers seine letzte Ruhestätte und sein Andenken lebte als das des «guten Beda» noch lange im Herzen des Volkes weiter. Die Worte: «Hic jacet Beda Princeps Abbas S. Galli, + 19. Maij 1796. R.I.P.» bezeichnen sein Grab.

P. Gerold Brandenberg mit P. Pankraz Vorster, ein Führer der Opposition, schreibt über Abt Beda: «Beda war in nichts seinem Vorgänger vergleichbar, als durch die Länge seiner Regierung. Liebenswürdig, wohlwollend, war er darum beim Volke auch zu jener Zeit populär, als es gegen ihn rebellierte. Für sich selbst ein strenger Beobachter der Ordensdisziplin, war er bei andern ob seiner zu grossen Güte ein milder Wächter. In Geschäften zu rasch, im Austeilen freigebig bis zur Verschwendung, scheint er die Kunst der Haushaltung entweder vernachlässigt oder gar nicht gekannt zu haben. Daher wird die ungeheure Schuldenlast der fortwährende Makel seiner Verwaltung sein und unserm Kloster das unwiderrufliche Verderben». Neben der völlig ungeordneten Finanzverwaltung bildet jedenfalls die allzu grosse Schwäche in seiner Regierung ein Hauptgrund der trostlosen Lage des Klosters bei seinem Tode.
Geographische Angaben:von Hagenwil