Heidelberger, Maurus (Johann) (Personen\St.Gallen, Konventualen)

 

Grunddaten

ThesaurusPersonen
BezeichnungHeidelberger, Maurus (Johann)
Beschreibung
QuelleRudolf HENGGELER, Professbuch der fürstlichen Benediktinerabtei der Heiligen Gallus und Otmar zu St.Gallen, Zug 1930 (Monasticon-Benedictinum Helvetiae 1).
 

Zusatz-Infos

Informationsbereich

Geburtsdatum:02.02.1628
Todesdatum:26.07.1698
Biographie:Geboren am 2. Februar 1628 als Sohn des Sebastian Heidelberger und der Barbara Zopf. – Er kam anfangs November 1643 nach St.Gallen an die Schule. Profess 3. Mai 1649. Subdiakon 3. Juni 1651; Diakon 21. September 1652; Priester 19. September 1654. Primiz 16. Oktober 1654.

Am 16. Januar 1657 wurde P. Maurus zum Lehrer der Humaniora für 4 Schüler ernannt, erhielt aber bereits 1658 und wiederum im August 1661 den Auftrag, Philosophie zu lehren. Zugleich war er 1661 Cellerar. Am 19. Juni 1662 wurde er nach Disentis als Lehrer geschickt, kam aber bald wieder zurück; denn am 3. Juni 1663 wurde er in St.Gallen wieder Lehrer (Hypodidascalos) und am folgenden 3. Oktober Brüderinspektor, welches Amt er bis zum 29. Mai 1665 beibehielt. Am 4. Februar 1664 ging er nach Salzburg, um die dortige Universität zu besuchen und Recht zu hören. Jedenfalls war er Ende 1665 oder anfangs 1666 wieder daheim; denn er wurde von da als Lehrer der Theologie nach St.Johann geschickt. Schon am 3. Juni 1666 erfolgte seine Ernennung zum Offizial, in welcher Stellung er bis zum 2. August 1674 blieb. Daneben war er seit dem 11. Oktober 1672 Küchenmeister; ebenso versah er von 1672/73 das Amt eines Aedilen. Am 2. August 1678 erfolgte seine Ernennung zum Subprior und Novizenmeister. Vom 27. Januar bis 29. Juli 1675 versah er überdies das Amt eines Fraterinstruktors. Am 19. Februar 1678 wurde er als Subprior und Bauherr nach St.Johann geschickt; erhielt aber dort am 6. November 1679 den Auftrag, die Pfarrei Peterzell zu übernehmen. Am 30. September 1680 kehrte er nach St.Gallen zurück.

Die ganze bisherige Laufbahn dieses Mannes zeigt, wie hoch ihn Abt Gallus schätzte. Umso mehr ist man überrascht zu hören, dass er am 29. Mai 1681 plötzlich und fluchtartig das Kloster verliess. P. Maurus hatte sich sittliche Vergehungen mit einer Frauensperson zu schulden kommen lassen, wurde deshalb im Januar 1681 gebüsst, am 20. Februar in das Klostergefängnis gesperrt und am 5. April daraus wieder entledigt. J. v. Arx bemerkt dazu: «Abt Gallus war übrigens keineswegs derjenige, welcher seinen Geistlichen die Augen ausstechen liess und sie bis zum Entlaufen quälte; doch mag er der Sache zu viel gethan haben, da er aus dem Grundsatze, daß, wie der Heiland den ausgesöhnten Schächer an dem Kreuze habe hängen lassen, eben so auch Maurus zur Verhütung des Rückfalles in seinen Bußen bleiben müsse, ihn weder davon befreien, noch ihm die angesuchte Entlassung in ein anderes Kloster ertheilen wollte . . .» Aus Unmut verliess er so das Kloster. Der Unglückliche wandte sich zunächst nach Appenzell A.-Rh. Der Abt begehrte bei den dortigen Behörden am 11. Juni die Auslieferung; deshalb floh P. Maurus weiter nach Sax im Rheintal, wo die Zürcher die Herren waren. Infolgedessen gelangte der Abt am 20. Juni an Zürich, man möchte den Flüchtling, der im Schloss zu Sax wohne, ausliefern. Aber am 2. Juli erfuhr er, P. Maurus habe Rock und Glauben gewechselt, und am 4. August gab Zürich den Bescheid, «da Heidelberger zu ihrem Glauben übergetreten sei,» könne man ihn nicht ausfolgen. P. Maurus ging um diese Zeit, wie man durch den Abt von Fischingen erfuhr, nach Zürich. In St.Gallen entschloss man sich, den Hofammann in dieser Angelegenheit an die Tagsatzung zu senden, der am 25. September über den Erfolg resp. Misserfolg seiner Sendung referierte. Am 12. Dezember erwog man, ob die Sache nicht nach Luzern gebracht werden solle; was auch geschah. Die katholischen Orte gaben am 12. Januar 1682 den Bescheid, dass man sich in Baden bei Zürich für seine Rückkehr verwenden wolle. Von dort kam am 12. Februar 1682 Bericht, dass Zürich P. Maurus aus Stadt und Land gewiesen habe. Von Zürich aus wandte sich der heimatlose Mann nach Deutschland, wo er durch Vermittlung Zürichs die Stelle eines Burgvogtes des Kurprinzen zu Heidelberg erhielt. Hier suchte ihn P. Joseph Dietrich von Einsiedeln im März 1683 auf, um ihn zur Umkehr zu bewegen. Später wurde Heidelberger im Dienste des Landgrafen von Hessen-Kassel Amtmann in Lengsfeld und 1689 Amtsschultheiss in Ziegenhain. Er hatte sich verheiratet und wurde Vater von zwei Kindern. Im März 1688 kam vom Abte von Fulda ein Brief nach St.Gallen, worin mitgeteilt wurde, dass der ehemalige Pater Maurus wieder zurückzukehren wünsche, doch solle man ferner für seinen Unterhalt, wie für den seiner Frau und seiner zwei Kinder aufkommen. Abt Cölestin war willens, entgegenzukommen und sandte auf erneuten Bericht von Fulda hin 400 fl. mit der Weisung, P. Maurus möge sich entweder nach Wiblingen, St.Jörg in Villingen oder Tegernsee in Bayern begeben. Im Juli 1688 berichtete indessen Propst P. Otto von Riedheim aus Fulda, dass P. Maurus neue Ausflüchte suche und wenig Hoffnung auf eine wirkliche Gesinnungsänderung sei. Es dauerte noch einige Jahre bis zur endgültigen Umkehr. Am 12. Juli 1696 langte der Unglückliche, bei seinem Landesherrn in Ungnade gefallen, in Fulda an, nachdem er Tags zuvor aus Ziegenhain bei Nacht und Nebel, unter Zurücklassung von Frau und Kind, geflohen war. Durch den Dekan von Kempten, Adelbert von Schleifras, der später auch, als P. Maurus nach Kempten kam, sich besonders des Unglücklichen annahm, erfuhr man am 30. Juni 1696 in St.Gallen von der Rückkehr Heidelbergers. Er erbat vom Abte für seine zwei Kinder und die Konkubine 2000 fl. «quos libenti animo et si plus fuisset, dare constitui,» wie Abt Leodegar bemerkt. In diesem Sinne schrieb der Abt auch sogleich nach Kempten und bat um rasche Beförderung der Angelegenheit. Bald aber kam Bericht, dass die Gesinnung des Zurückgekehrten nicht ganz so sei, wie sie sein sollte. Dieser selbst war von Fulda, da er sich dort nicht sicher fühlte, am 17. August nach Kempten verreist, wo er am 23. eintraf. Man sandte von St.Gallen aus P. Dionys Mattlin dorthin; dieser aber meldete, dass P. Maurus seinen Fehler nicht recht einsehen wolle. P. Maurus wünschte nach Mehrerau zu gehen; deshalb besprach sich Abt Leodegar mit dem Abt von Mehrerau, der aber von einer Aufnahme desselben nichts wissen wollte. P. Maurus selber war indessen wieder willens geworden, weiter in Kempten zu bleiben. Dorthin schickte ihm Abt Leodegar am 15. Oktober 1696 drei Goldstücke. Vorderhand blieb er in Kempten, wo ihn P. Dekan Ende Juli 1697 aufsuchte. Dieser ging, auf Grund der gepflogenen Unterredung, alsbald ihn nach Rorschach zu holen, wo die beiden am 9. August 1697 eintrafen. Abt Leodegar suchte den so Zurückgekehrten am 16. August in Rorschach auf, worauf dieser nach 16jähriger Abwesenheit am 17. September wieder in das Mutterkloster zurückkehrte. Der Abt erlaubte ihm, da er sich schwach fühlte, im Krankenhaus Aufenthalt zu nehmen und bestimmte, nach Beratung mit den Patres, die Patres Chrysostomus, Dominikus und Raphael sich seiner anzunehmen und ihn recht zu disponieren. Durch den Dekan liess er ihm auch eröffnen, dass er ihn nicht besonders strafen wolle, er habe nur gute Exerzitien zu machen und sich als letzter den Priestern unter den Kapitularen anzuschliessen; auch den Chor müsse er wie die übrigen wieder besuchen. Am 4. Oktober leistete P. Maurus im Kapitel feierliche Abbitte, legte das Glaubensbekenntnis und die Gelübde ab. Am 11. November tat er vor der Predigt auf der Kanzel öffentliche Abbitte für das gegebene Ärgernis, «sed frigide et fraudulenter,» wie Abt Leodegar bemerkt, der, wie auch aus andern Bemerkungen hervorgeht, P. Maurus nicht recht traute. Am 26. November wollte dieser nach Kempten gehen, um sich mit dem dortigen Abte zu besprechen, was ihm aber nicht erlaubt wurde. Er gelangte aber jedenfalls schriftlich dorthin, denn am 6. Januar 1698 verwandte sich der Fürst von Kempten für ihn, damit er entweder wieder an den Platz, der ihm nach seiner Profess zukam, aufgenommen würde, oder aber in ein anderes Kloster entlassen würde. Beides wurde aber abgeschlagen. Da verlangte P. Maurus, man möchte ihm erlauben, in Einsiedeln Exerzitien zu machen. Abt Raphael von Einsiedeln schickte deshalb am 1. Februar seinen P. Aegidius, um P. Maurus zu holen. Nur nach langem Zögern und unter Zusicherung genauer Überwachung liess man die beiden am 7. Februar endlich ziehen. Am 20. Februar schrieb Abt Raphael, dass P. Maurus wenigstens bis Ostern in Einsiedeln bleiben möchte; er halte sich gut; P. Paul nehme sich seiner besonders an. Aber am 12. März kam Bericht, dass P. Maurus wegen Unpässlichkeit seine Exerzitien abgebrochen habe und heim verlange. So sandte denn der Abt Mitte März P. Raphael mit einer Sänfte nach Einsiedeln. Am 22. März kam der arme Mann fast blind und ganz krank heim. Am folgenden 26. Juli starb er sodann ganz bussfertig und gottergeben. Der Abt meinte: Gott habe ihn in Einsiedeln in wunderbarer Weise mit Blindheit geschlagen wie einst Saulus, um ihn so auf bessere Gedanken zu leiten. So fand dieses bewegte Leben doch noch einen glücklichen Ausklang. Über die Umkehr und den Ausgang von P. Maurus müssen in der Nürnberger Zeitung nachträglich verleumderische Gerüchte ausgestreut worden sein; denn P. Dionys Mattlin rät in einem Briefe vom 5. Oktober 1698 an den Hofmeister in St.Gallen zu Massnahmen gegenüber diesen Verleumdungen. Ebenso ereiferte sich der Zürcher Professor Fries gar sehr.
Schriften:a) Gedruckte:

1. Tria sciendi instrumenta, videlicet Definitio, divisio et argumentatio. In mon. S. Galli 1659. Typ. monasterii S. Galli. 4°, 10 Bll. (Nach Scherer; Grolig).

2. Epithalamium sponsae virginis paranympho Aristotele decantatum seu legatio angeli Gabrielis ad virginem Mariam divinae maternitatis candidatam in exempto monasterio S. Galli publice disputata die . . . Aprilis 16LXIII. Typis monasterii S. Galli. 16°, 6 Bll., 119 S., 1 Bl. – Vadiana, St.Gallen Ed 3265 (Grolig).

Ungedruckte:

1. Miracula ad B. Virginis Imaginem Vespertinam in S. Gallo facta, conscripta anno 1681. a P. M. H. Stiftsarchiv St.Gallen, Band 390.

2. Fictio Visionis de statu Helvetiae (Quaerela B. Nicolai Subsilvani adversus Helvetios). Collectio Aichhaim III. Zentralbibliothek Zürich. Mscr. D 81. Fol. 168 b. In der gleichen Collectio Aichhaim (1. Mscr. D 76) finden sich auf den ersten Blättern einige Distichen und Annagramme auf den Apostaten Heidelberger.
Geographische Angaben:von Wil